Basel, 10. Februar 2021
Rosi goes to Hollywood
Eben wurde Gianfranco Rosi in die internationalen Jury der 71. Berlinale eingeladen. Nun steht sein neuer Film Notturno auf der Oscar-Shortlist für den besten Dokumentarfilm.
Als Gianfranco Rosi 2019 im Gedanken/Raum während nicht weniger als 196 Minuten über seine Arbeit sprach, war Notturno knapp abgedreht. Tatsächlich kam der preisgekrönte italienische Dokumentarist direkt aus dem Schnittraum nach Basel, um seine integrale Bildrausch-Retrospektive persönlich zu begleiten. Nun steht Notturno, der seit seiner Premiere an der Mostra Internazionale d'Arte Cinematografica in Venedig 2020 mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde, auf der Shortlist der Academy of Motion Picture Arts and Science für den besten Dokumentarfilm, und Rosi sitzt in der internationalen Jury der Berlinale.
Der Bildrausch-Ehrengast nahm die Dreharbeiten zu seinem sechsten langen Dokumentarfilm unmittelbar nach dem Welterfolg von Fuocoammare (2016) auf und erklärte, er sei durch die Begegnungen mit Flüchtlingen auf der Insel Lampedusa dazu inspiriert worden. Rosi wollte ihre Herkunftsorte entdecken. «Es war ein natürlicher Schritt für mich, das Wasser zu überqueren und zu sehen, von woher die Tragödie kommt», erklärte er 2018 im Branchenmagazin Screen Daily.
Für das Filmprojekt reiste er schliesslich drei Jahre durch den Nahen Osten und machte damit seinem Ruf als Wahrheitssucher einmal mehr alle Ehre. Denn seit mehr als 25 Jahren ist der italienische Dokumentarist unterwegs zu den entlegensten und intimsten Winkeln unserer Welt und unseres Seins. Allein mit seiner Kamera liefert sich der Solitär geduldig ganz der Wirklichkeit aus, bis sich das Unsichtbare zeigt.
Wie seine unverhohlen subjektiven, doch zutiefst universellen Porträts entstehen, erzählte Rosi 2019 im Gedanken/Raum mit Jean Perret. Das Werkstattgespräch mit Einblicken in ein filmisches Schaffen, das ganz in der Gegenwart verankert ist, lässt sich hier nachholen.
Bildrausch gratuliert Giancarlo Rosi herzlich zur Shortlist. In bocca al lupo!