Filmbild
Filmbild
Ruth Beckermann – Poesie des Flüchtigen

Die papierene Brücke

The Paper Bridge

Ruth Beckermann

Österreich 1987. 95 Min.
Farbe. DCP. D/e

«Ich bin filmiert», sagt der alte Herbert Gropper freudig-triumphierend in der zu Rumänien gehörenden Bukowina in einem Deutsch, dem man die Distanz zum aktiven Sprachgebrauch anmerkt: «Diesmal für die Unsterblichkeit. Nicht einmal geträumt hätte ich, dass ich einmal ein Filmbild abgeben kann.» Darin klingen Poetik und Politik von Ruth Beckermanns Filmen an, unter denen Die papierene Brücke eine entscheidende Stellung hat. «Widerstand leisten in der Zeit», sagt Gropper über die Funktion eines jüdischen Friedhofs im rumänischen Siret. Und das tut letztlich der Film, der das Gewesene mit der Aktualität zusammendenkt, der die eigene Familiengeschichte weitet – Beckermanns Vater stammt aus dem Osten, seine Migrationsbewegung in den Westen zeichnen die eindrucksvoll-charakteristischen Kamerafahrten in Bussen und Autos von rechts nach links nach. Vom jüdischen Leben in Rumänien und Jugoslawien Mitte der achtziger Jahre als Resultat der Shoah geht es in das Wien, in dem der Austrofaschismus im Zuge der Waldheim-Affäre sein antisemitisches Gesicht auf der Strasse zeigt. Dazwischen Juden aus Österreich, die sich für eine amerikanische Fernsehproduktion selbst spielen, auch weil das eine Chance bietet, um sich aus der Geschichte zu befreien. (md)

CREDITS

RegieRuth Beckermann
BuchRuth Beckermann
KameraNurith Aviv, Claire Bailly du Bois
SchnittGertraud Luschützky
MusikArvo Pärt
MitRabbi Wassermann, Herbert Gropper, Salo Beckermann, Robert Schinde
Produzent:innenJosef Aichholzer, Ruth Beckermann

Ruth Beckermann

Ruth Beckermann lebt als Filmschaffende und Autorin in Wien. Zu ihren Filmen zählen Die papierene Brücke, Jenseits des Krieges und American Passages. Ihr Film Those who go Those who stay erhielt 2014 den großen Dokumentarfilmpreis auf der Diagonale in Graz. Zwei Jahre später wurden auch Die Geträumten ebendort als bester Spielfilm ausgezeichnet. Waldheims Walzer erhielt mehrere Preise, u.a. den Glashütte Preis für den besten Dokumentarfilm auf der Berlinale 2018, sowie eine Nominierung für die Oscars. 2019 realisierte Ruth Beckermann die Installation Joyful Joyce für die Salzburger Festspiele.