Sie mag die Tochter des grossen Philosophen sein, aber Eleanor Marx war eine Kämpferin aus eigener Kraft. Eine politische Denkerin, Arbeiterführerin und Feministin, die ihrer Zeit voraus war und in Susanna Nicchiarellis Biopic fast zeitlos modern im Leben steht. Das Kühne, Eigenwillige, Freigeistige an ihr spielt die italienische Regisseurin heraus, indem sie ihre Miss Marx, die 1883 am Grab des Vaters trauert, getragen von den wuchtigen Klängen der Neo-Punk-Band Downtown Boys, in den Film einführt. Ihr unmittelbar zur Seite stehen der Familienfreund Friedrich Engels, die treue Haushälterin Helene und der Schriftsteller Edward Aveling, mit dem Eleanor bald eine freie Ehe eingeht. Die verwickelte Lebensgemeinschaft der beiden dient Nicchiarelli folglich als Projektionsfläche, um das Menschliche, aber auch die persönlichen Niederlagen und politischen Enttäuschungen ihrer schillernden Heldin vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Umstände aufzuzeigen.
Dem starken Kontrast zwischen Marx’ öffentlichem und privatem Leben setzt die Regisseurin nach ihrem beeindruckenden Künstlerinnenporträt Nico 1988 erneut eine ebenso gewagte wie leidenschaftliche Inszenierung entgegen, die man allein für eine kleine, aber famose Tanzszene im finalen Akt sowie dem unerschrockenen Spiel von Romola Garai unbedingt gesehen haben muss. pj