Mit Wundern ist das so eine Sache: Sie sind vor allem eine Frage der Interpretation. Vielleicht passt der Titel, den Regisseur Syllas Tzoumerkas für sein raffiniert verschachteltes, schwer greifbares Psychodrama gewählt hat, genau deshalb so gut. Denn was als rauer Thriller um die abgebrühte Polizistin Elisabeth beginnt, wird bald zu einem sich immer unaufhaltsamer verdüsternden Figurenspiel im griechischen Hinterland, in dem sich Elisabeths Einsamkeit auf seltsame Weise mit dem Schicksal von Rita, der Schwester des lokalen Nachtclubsängers und Drogenenthusiasten Manolis, überschneidet, nachdem dessen plötzlicher Tod das verschlafene Städtchen Mesolongi in helle Aufregung versetzt.
Wie bereits in seinen ersten beiden Spielfilmen Homeland (2010) und A Blast (2014) arbeitet Tzoumerkas auch in seinem neuesten Autorenwerk gekonnt von innen heraus, um seine Herzthemen wie Identität, Zugehörigkeit und Familie, das Private und das Politische gleichermassen metaphorisch wie direkt anzugehen. Das Wasser, die See ist dabei nie weit und schnürt sich wie ein Korsett immer fester um die rätselhafte Handlung, die bei aller Ausweglosigkeit dennoch Raum für Erlösung lässt.