Schönheit und Grausamkeit sind die zwei Seiten einer Medaille, sind das Alpha und das Omega einer wohlgeordneten Welt. Zumindest sind sie das in Harmony Lessons, dem Langfilmdebüt des 1984 geborenen Emir Baigazin. Nach seinem eigenen Drehbuch setzt der kasachische Filmemacher eine Geschichte von grosser Grausamkeit in Bilder nicht minderer Schönheit. (Für seine von Sinnlichkeit wie Abstraktion gleichermassen geprägte Kamerarbeit wurde Aziz Zhambakiyev bei der diesjährigen Berlinale mit dem Silbernen Bären für eine herausragende Künstlerische Leistung ausgezeichnet.)
Harmony Lessons erzählt vom 13-jährigen Aslan, der unter den perfiden Schikanen seines Mitschülers Bolat leidet. Der wiederum ist nicht mehr als das ausführende Organ einer gewalttätigen Struktur, die sich durch alle Bereiche dieses in einem entlegenen Dorf angesiedelten Mikrokosmos erstreckt. Bis in ihre feinsten Verästelungen seziert Baigazin diese Struktur, präpariert die tiefen Verheerungen, die sie anrichtet, und zeichnet das Bild einer mitleidlosen, von Kälte und Härte geprägten, brutalisierten Gesellschaft. Schonungslos und genau, mit einem Blick, der überall das Wohlgestaltete, Anmutige entdeckt – dem Bildinhalt will es sich nun aber nicht mehr harmonisch fügen, es reibt sich vielmehr sperrig daran. Ein Auseinanderklaffen, das dauerhaft schmerzt.